Buch „Jüdisches Leben und Leiden in
Konstanz – 50 Jahre Israelitische Kultusgemeinde 1964-2014“ von Erhard Roy
Wiehn erschienen
Europäischer Tag der jüdischen Kultur
2014 mit eindeutigem Bekenntnis zur Solidarität mit Israel gab den Anstoß
In diesem Jahr kann
die Israelitische Kultusgemeinde Konstanz auf 50 Jahre ihres Bestehens
zurückblicken. Dieses Jubiläum wurde am 14. September 2014 anlässlich des
Europäischen Tags der jüdischen Kultur in einer Feierstunde, bei der ein
Festvortrag des Konstanzer Soziologieprofessors Erhard Roy Wiehn im Mittelpunkt
stand, gewürdigt. Wiehn, der die
Konstanzer Gemeinde seit ihren Anfängen kennt, war unter anderem von 1974–2002
Professor im Fachbereich Geschichte und Soziologie an der Universität Konstanz.
In dieser Zeit brachte er auch die Partnerschaft zwischen den Universitäten
Konstanz und Tel Aviv auf den Weg, war Mitbegründer der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bodensee
und 1974–1992 ihr Vorsitzender. Er ist Mitglied der Gesellschaft für
Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Konstanz, der
„Stolperstein-Initiative“ und in Kreuzlingen Co-Präsident der dortigen
Jüdischen Gemeinde. International hohes Ansehen erwarb sich Erhard Roy Wiehn
auch mit seiner „Edition Schoáh & Judaica“, in der zahlreiche Schriften zur
Holocaust-Forschung und Zeitzeugendokumente erscheinen.
Als offizieller Vertreter der Stadt Konstanz fand
Stadtrat Anselm Venedey zuvor in seiner Begrüßungsrede deutliche Worte der
Solidarität mit Israel, Worte,wie man sie in den Tagen des Gazakrieges in der
deutschen Öffentlichkeit leider allzu selten
hören oder lesen konnte: „Israel verteidigt sein Recht auf
Selbstbestimmung innerhalb seiner Grenzen gegen Angreifer, denen es in
Wirklichkeit nicht darum geht, sich zu verteidigen oder Israel zu vernichten –
sondern einzig und alleine darum, Juden
auszulöschen. Antisemitismus“, so Venedey, „ist der Beweggrund für die Angriffe
auf Zivilisten, Frauen und Kinder in Israel. Menschen werden angegriffen, weil
sie Juden sind und nicht etwa weil sie für eine falsche Sache einstünden. Und
wie reagiert ein großer Teil der deutschen Öffentlichkeit? Mit
Solidaritätsbekundungen für die Hamas und ihre Anhänger. Ein Mob zieht durch
die deutschen Städte und skandiert antisemitische Parolen, Umfragen ergeben, dass
zwischen 20 und 40 Prozent der Deutschen latent antisemitisch sind. Was ist
dieser gefährlichen Mischung aus muslimischen Radikalen, pseudolinken
Intellektuellen und dumpfstirnigen, ewiggestrigen Deutschtümlern
entgegenzusetzen?
Ich meine: Die
Sicherheit und das offene Bekenntnis, dass das weltoffene, liberale Israel der
beste Platz im Nahen Osten für alle in der Region Unterdrückten ist. Die
Gewissheit, dass Israel zwar ein religiöses Land – aber eben kein Gottesstaat
ist. Ein Land in dem die Freie Rede gilt, in dem Lebensentwürfe, die der
reaktionären ‚Norm‘ nicht entsprechen, gelebt werden können, ein Land das
Herausragendes in der Wissenschaft leistet und, und so schliesse ich den Kreis
zum heutigen Tag, ein Land, das großartige kulturelle Leistungen vollbracht hat
und noch immer verbringt. Es ist die Kraft Israels, das Heimatland einer
bemerkenswerten kulturellen Vielfalt zu sein, einer Kultur, die sich eben nicht
von den anderen Kulturen abschotten oder diese assimilieren will. Die Heimat
einer Religion, die nicht die Ungläubigen bekehren und unterjochen will –
sondern die die Menschen im besten humanistischen Sinne das sein lässt, was sie
sein wollen, solange das mit den Idealen einer aufgeklärten Gesellschaft
vereinbar ist“.
Schließlich berichtete Benjamin
Nissenbaum, ehemaliger
Vorsitzender und nun Ehrenvorsitzender der Kultusgemeinde in seiner Begrüßung
von den Anfängen der von seinem Vater Shimon Nissenbaum sel.A. gegründeten
Gemeinde und deren Weiterentwicklung bis heute sowie von ersten G’ttesdiensten
und Feiern in der kleinen, inzwischen erweiterten Synagoge in der
Sigismundstraße 19. Er betonte, dass die Synagoge nun seit 50 Jahren als „Ort
der Verständigung zwischen Religionen und Menschen lebt und als Lehr- und
Lernstätte für alle Interessierten dient“ und dass die öffentliche
Judaica-Bibliothek der Gemeinde sogar von Interessenten aus dem Ausland
aufgesucht wird.
Da aber inhaltliche Details von
Reden, so Erhard Roy Wiehn, jedoch leicht vergessen würden, kam an diesem Tag der Gedanke auf, ein Buch
zum 50jährigen Bestehen der Konstanzer Kultusgemeinde herauszubringen, gemäß
dem Motto aller Schriften seiner „Edition Schoáh & Judaica“: „Was
aufgeschrieben, veröffentlicht und in etlichen Bibliotheken in der Welt
aufgehoben ist, wird nicht so schnell vergessen, damit daraus vielleicht
gelernt werden kann“.
Bereits am 4.
November fand die offizielle
Buchpräsentation der Neuerscheinung „Jüdisches Leben und Leiden in Konstanz –
50 Jahre Israelitische Kultusgemeinde 1964-2014“ von Erhard Roy Wiehn im
Vortrags- und Kidduschraum, passend direkt zum Anlass neben der
Dr.-Erich-Bloch-und-Lebenheim-Bibliothek der Gemeinde, statt.
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Thomas Uhrmann,
Leiter der
Dr.-Erich-Bloch-und-Lebenheim-Bibliothek der Israelitischen Kultusgemeinde
Konstanz